Plötzlich Familie: Wie das Liebesglück in Patchwork-Familien klappt
Vom Single zur Patchwork-Mama oder zum Patchwork-Papa. Acht Tipps von Familienberaterin Margit Dechel, damit die Liebe in Patchwork-Konstellationen gedeihen kann und es mit der neuen Familie wunderbar klappt.
Paar-Beziehung mit dem Ex-Partner abschließen
Das klingt erstmal recht klar und logisch. Es kann aber ein schwieriges Unterfangen sein, wenn es emotionale Verletzungen gab, aus welchen Groll oder gar Hass resultiert. Nicht nur positive Gefühle binden uns an andere Menschen, sondern auch Negative. Diese sind weitaus tückischer, da diese „Art der Bindung“ kaum jemandem bewusst ist.
Eltern-Beziehung klären
Die Paar-Beziehung bzw. -bindung kann getrennt werden, Eltern bleiben wir ein Leben lang. Daher ist es wichtig für die Kinder und für eine neue Beziehung, dass nach der Trennung die Eltern-Beziehung auf eine neue Basis gestellt wird. Ein Gegeneinander auf Paarebene verhindert oft ein neues Miteinander als Eltern.
Kinder nicht in Auseinandersetzungen auf der Paarebene hineinziehen
Kinder lieben immer beide Elternteile und neigen dazu, sich verantwortlich bzw. schuldig zu fühlen, wenn sich die Eltern trennen. Probleme auf Paarebene haben aber nichts mit den Kindern zu tun, dafür sind die Erwachsenen verantwortlich. Es wäre gut, das den Kindern zu sagen und diese Verantwortung auch zu übernehmen damit die Kinder nicht zum „Spielball“ der verletzten Gefühle ihrer Eltern werden.
Eltern bleiben Eltern
Neue Partner sind Lebensgefährten der Mutter/des Vaters und kein „neuer Elternteil“ für die Kinder. Sie sind auch nicht der „neue Freund“ der Kinder, denn sie haben ihn sich nicht ausgesucht. Die neue Familie braucht Zeit um zusammenzuwachsen, nichts kann erzwungen werden.
Klarheit anstatt Unsicherheit und schlechtes Gewissen
Die Eltern tragen die Verantwortung für sich, für ihr Leben, ihr Glück und für ihre Kinder. Es ist ihr „gutes Recht“ sich – auch ohne Zustimmung der Kinder - einen neuen Lebenspartner zu wählen. Haben Eltern diesbezüglich ein schlechtes Gewissen oder machen sie die Wahl des Partners von der Zustimmung ihrer Kinder abhängig, geben sie ihnen damit Macht über ihre Entscheidung, die Kindern aus systemischer Sicht nicht zusteht – und das überfordert die Kinder. Je mehr Klarheit und Sicherheit Eltern betreffend der Partnerwahl haben, desto leichter tun sich die Kinder den neuen Partner ihn anzunehmen und sich dreinzufinden.
Zeit lassen und Geduld haben
Kinder brauchen Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Es darf auch sein, dass sie den neuen Partner erstmal ablehnen oder ihm kritisch gegenüberstehen. Sie haben ihn sich nicht ausgesucht und er muss ihnen nicht zusagen. Mama/Papa hat sich in diesen Menschen verliebt und das bedeutet nicht, dass ihn die Kinder auch lieben müssen. Liebe, Zuneigung und Akzeptanz kann nicht erzwungen werden, weder bei Erwachsenen noch bei Kindern. Es sind die Erwachsenen, die für die Beziehung mit den Kindern des neuen Partners zuständig sind. Jeder Versuch, die Kinder dazu zu bringen oder gar zu zwingen, den neuen Partner zu „mögen“, geht nach hinten los. Zeit lassen, Geduld haben, gegebenenfalls auch anfängliche Ablehnung akzeptieren und die Beziehung zu den Kindern des neuen Partners schön langsam aufbauen.
Die eigenen Kinder stehen immer an erster Stelle
Damit muss vor allem ein Partner, der selbst keine Kinder hat, umgehen lernen. Spüren die Kinder, dass sie trotz des neuen Partners immer noch „Nummer 1“ bei ihrer Mutter/Ihrem Vater sind, können Sie leichter mit der neuen Situation klarkommen. Ansonsten kommt es zu Eifersucht, die sich durch Aggression gegenüber bzw. Ablehnung des neuen Partners zeigen kann.
Die Erziehung obliegt den Eltern und nicht dem neuen Partner
Für den neuen Partner gilt: So wenig wie möglich einmischen und Kompromisse finden. Wenn das unter den Partnern klar ist, können auch die Kinder sehr gut damit umgehen, dass nicht alle Kinder in einer Patchwork Familie gleich erzogen werden. Sie haben immer noch verschiedene Eltern mit verschiedenen Ansichten, Haltungen und Werten.
Kindern geht es gut, wenn sie spüren, dass es den Eltern gut geht. Wenn es keine Konflikte und „Altlasten“ gibt, keine Abwertungen der jeweils anderen Elternteile, keine Manipulationen, kein Hin- und Hergerissen-Sein der Kinder zwischen Mutter und Vater, dann fühlen sich alle Beteiligten in der neuen Familienkonstellation wohl.
Es ist oft nicht leicht, all das im Alltag umzusetzen und zu leben. Wird aber eines nach dem anderen berücksichtigt, gelöst und geklärt – dann klappt es mit der neuen Familie wunderbar klappt.
Margit Dechel ist Dipl. Familienberaterin, Expertin für die Lösung familiärer Konfliktsituationen und Mutter. Sie hat das dreiteilige Workshop-Programm „Bewusste Eltern“ ins Leben gerufen, das ohne Erziehungs-Tipps, gute Ratschläge und „Verhöre“ auskommt. Infos: www.bewusste-eltern.at
Familienberaterin Margit Dechel mit ihrer Familie. Foto: Silke Bernhard